Ich
sehne mich nach Deiner stillen Umarmung
Ich würde gern wissen, wo Du jetzt bist,
Und wie Dein Tag vergeht,
nachdem Du aufstehst,
und Dich wäscht.
Ich möchte wissen, was Du trägst,
wen Du morgens zur Arbeit gehst,
Ob Dir langweilig ist,
oder Du erschöpft bist,
oder müde oder ob Dich friert.
Der Wind, der durch die Gitterstäbe weht,
Trägt den Staub der Stadt herein.
Spürst Du das auch,
Wenn Du zu Hause die Fenster öffnest ?
Ist es noch dunkel,
Wenn Du morgens das Haus verlässt,
Und Dich auf den Weg zur Arbeit machst ?
Ist das Licht im Treppenhaus immer noch kaputt ?
Warum denke ich gerade daran,
obwohl mir die Erinnerungen an unser Haus langsam verblassen.
Ich habe vergessen, welche Farbe seine Mauern hatten,
Und auch wenn Du mich versuchst daran zu erinnern,
In meiner Vorstellung werden sie doch wieder grau.
Wo schläfst Du jetzt in der Nacht ?
Wer wäscht Dir Deine Sachen ?
Hast Du neue Freunde kennengelernt,
Seit dem Tag, als Sie mich von Dir fortgerissen und eingesperrt haben ?
Mit wem streitest Du jetzt, und worüber ?
Was liest Du Neues, und welche Musik hörst Du ?
Ich mache mir Sorgen, dass Du ohne mich noch länger vor dem Computer sitzt.
In den endlosen Stunden hier in dieser betonierten Zelle
wird jeder Augenblick Deines Lebens unendlich wichtig für mich.
Zum Beispiel was Du Dir kaufen gehst, wenn Du Hunger hast,
Gemüse oder Obst vielleicht.
Jetzt ist doch gerade Sommer bei Euch draussen, oder ?
Gibt es jetzt schon Aprikosen, Pflaumen und Himbeeren ?
Und die Berge von Wasser- und Honigmelonen bei den Strassenhändlern -
Die Erinnerung an ihren Duft macht mich schwindlig.
Bekommst Du immer noch Kopfschmerzen, wenn der Tee zu lange gezogen ist ?
Wirst Du unruhig, wenn Du wieder mal vergessen hast
Dein Telefon aufzuladen ?
Wäscht Du Dir immer noch die Haare im Abwaschbecken in der Küche,
und isst den Jughurt mit trockenem Brot ?
Hast Du Dir endlich eine neue Brieftasche geleistet,
und ein neues Hemd ?
Ich will nicht, dass Du Dich vernachlässigst,
nur weil ich nicht bei Dir sein kann !
Ich werde verrückt, wenn ich nicht weiss,
Woran Du denkst, wenn Du an mich denkst.
Worüber würdest Du mit mir sprechen,
Wenn Ich jetzt bei Dir sein könnte ?
Wenn Du mir etwas kaufen könntest,
Was würdest aussuchen ?
Sehnst Du Dich nach der Zeit, als wir zusammen waren,
Und denkst Du an die all die Jahrestage ?
Als ich im Juni zum ersten Mal nach Majideyeh kam,
Und Du mich in Isfahan herumgeführt hast.
Wir sind ziellos durch die Stadt gelaufen,
Nur um zusammen sein zu können,
bis der Sonnenuntergang im Saei Park uns daran erinnerte,
Dass der Tag langsam zu Ende geht.
Und dann Zav, und wie wir mit Ahmad nach Darband fuhren,
In jenem Frühjahr 2008.
Erinnerst Du Dich noch an meine Kochversuche ?
Ich habe Sie vergessen,
Wenn Ich frei käme, müsste ich wieder neu Kochen lernen.
Weisst Du noch, wie wir unsere ersten Möbel erstanden haben,
Stück für Stück ?
Und wie wir 2008 das Neue Jahr gefeiert haben,
Am Strand des Kaspischen Meeres.
Erinnerst Du Dich was am 6. Jui 2002 passierte ?
Ich kann es Dir genau sagen:
Du warst verzweifelt, weil ich mich nicht entscheiden konnte,
zwischen Dir und meinem früheren Leben.
Doch sechs Jahre später wurde mir klar, dass ich mich richtig entschieden
hatte:
Denn vor dem Gefängnisstor hast nur Du auf mich gewartet.
Und kurz darauf hast Du mich an die Hand genommen,
so als würden wir ein ausgelassenen Spaziergang durch die morgendliche
Stadt machen.
Dabei ging es zur Gerichtsverhandlung, und wir beiden wussten,
Dass das die uns wieder für lange Zeit auseinander reissen werden.
Als ich dann schon im August wieder raus kam,
Warst Du da und brachtest mich weg von diesem Ort des Schreckens
und wir fuhren zu uns nach Haus,
und die Abendsonne blendet mich so dass ich nichts sah.
Auf den Treppenstufen drehtest Du Dich um zu mir und sagtest:
"Warte eine Sekunde, ich will Dir etwas sagen.
Ich bin erst in den letzten Monaten aufgewacht, als Du plötzlich fort
warst,
und erst da habe ich gespürt wie sehr Ich Dich brauche".
Weisst Du noch der 7. März vor 7 Jahren ?
Ich weiss das Du Dich erinnerst !
Amin, ich vermisse alles, was wir hatten,
Mein Leben hinter diesen Mauern und Gittern ist voller Schmerz,
weil ich die Sehnsucht nach Dir nicht ertrage.
Meine Nächte sind voller wüster Träume.
Soll ich etwas bereuen, doch was würde es ändern ?
Ich weiss es, genauso so wie Du.
Hier in der Einsamkeit der Zelle
Machen einen diese Hirngespinste verrückt.
Ich habe im letzten Jahr drei Mitgefangene sterben sehen,
hier in diesem Dreck,
und doch hatten Sie bis zum Schluss ihre Engelsgesichter behalten.
Kannst Du Dir vorstellen, was für einen unerträglichen Schmerz das
bereitet ?
Ich wünschte, dass weder Du noch irgendjemand anderes das jemals erleben
muss.
Nur Deine stille Umarmung wird mich wieder erlösen von diesen Alpträumen.
BAHAR, 9.Juni 2011, EVIN Gefängniss